Corona-Pandemie wird noch weitreichende Auswirkungen auf das Leben vieler Menschen haben, wenn die Bugwelle der zu spät diagnostizierten Krebsfälle antritt. Aus Angst vor der Corona-Ansteckung haben viele Menschen ihre Vorsorge verschoben, beziehungsweise ihre Termine wurden abgesagt. Die Zeit ist aber bei der Diagnostik von Krebserkrankungen ein sehr wichtiger Faktor, vor allem bei den schnell wachsenden, bösartigen Tumorerkrankungen.
Viele Wissenschaftler weisen daraufhin, dass nach dem Ende der Pandemie mit einem starken Anstieg der diagnostizierten Krebszahlen zu rechnen sei. Bei manchen Diagnosen ist die Auswirkung weniger dramatisch als bei anderen: Bei Brust-, Lungen- und Blutkrebs fallen die Konsequenzen für die Betroffenen besonders dramatisch aus.
Amerikanisches Wissenschaftlerteam errechnete in einer bereits im Mai 2020 publizierten Studie „Pausing cancer screening during the severe acute respiratory syndrome coronavirus 2pandemic: Should we revisit the recommendations?“ die Zahlen für verspätete Brustkrebs-Diagnostik. Anhand der gut dokumentierten Fallzahlen zu Brustkrebs stellten die Autoren eine Beispielrechnung auf. Mehr als 70 Prozent der Frauen im Alter von 50 bis 74 Jahren nehmen in den USA normalerweise am Mammographiescreening zur Früherkennung von Brustkrebs teil, das sind rund 1.412.000 Frauen pro Monat. Wie die Forscher in der Studie errechneten, bleiben in jedem Monat, in dem das Mammographiescreening infolge der SARS-CoV-2-Pandemie ausgesetzt ist, 69.629 Brustkrebsfälle undiagnostiziert. Werden sie später entdeckt, ist es möglicherweise zu spät: Ihr Risiko, dass sich die Therapie zu stark verzögert und sich die Prognose deutlich verschlechtert, steigt.
In Europa ist die Situation ähnlich. Britische Modellrechnungen zeigen, dass es aufgrund verzögerter Diagnosen und Therapien nach dem COVID-19-Lockdown zu einem Anstieg der Krebsmortalität in den nächsten Jahren bei häufigen Tumortypen um 5‒17% kommen wird. Die späte Diagnostik verschlechtert die Prognose deutlich, außerdem steigen dadurch auch die Kosten der Versicherer für die dann notwendig gewordene intensivere Behandlung.
Protonentherapie gehört zu den modernsten Formen der Therapie, aber auch hier gilt: je früher die Erkrankung entdeckt wird, desto höher sind die Chancen auf eine Heilung.
Quellen und weitere Informationen:
https://www.ejcancer.com/article/S0959-8049(20)30219-7/fulltext
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/sw/COVID-19?s=&p=1&n=1&nid=115591