Lisa erzählt ihre Meningioma-Geschichte

Eine Frau aus der britischen Stadt Lichfield reist zu einer Spezialbehandlung nach Prag, nachdem bei ihr ein Gehirntumor diagnostiziert wurde – von dem sie zu erblinden droht. Von ALEX KELLER.

Als Lisa Hudson merkte, dass sich ihr Sehvermögen langsam verschlechterte, erklärte sie es sich mit ihrem Alter. Sie war beinah 50, also nahm die Buchhalterin aus Lichfield an, dass es sich um eine natürliche Alterserscheinung handele.

Aber im Laufe der folgenden Monate begann Lisas Sehvermögen rapide zu sinken – als ob jemand in jedem Raum „das Licht gedimmt hätte“, so wie sie es beschrieb.

Am Anfang befürchtete Lisas Optiker, dass sich ihre Netzhaut gelöst hatte, und schickte sie deswegen zu einem örtlichen Augenarzt in Birmingham. Nach einer sofortigen Überweisung an das Birmingham and Midland Eye Centre stellte sich jedoch heraus, dass es ein ernsteres Problem gab.
„Es war äußerst beunruhigend, einer Gruppe von Medizinern zuzuhören, die mit Nachwuchskollegen über die Ergebnisse meiner Augenuntersuchung diskutierten“, sagte Lisa.
„Als ich das Wort Tumor hörte, sank mein Herz tief. Mein Mann und ich konnten erst gar nicht verstehen, was da eigentlich gesagt wurde.“
Lisa fährt fort:
„Obwohl die Krankheit da noch nicht offiziell diagnostiziert wurde, wenn man so etwas hört, ist es, denke ich, eine normale Reaktion, das Schlimmste anzunehmen.“

Nachfolgende Scans, die dank Lisas privater Krankenversicherung durchgeführt wurden, zeigten, dass sie einen gutartigen Tumor hinter ihrem Auge hatte, und dieser drückte auf ihren Sehnerv. Wenn dieser unbehandelt bleibt, drohte Lisa die Erblindung.

„Es war erschreckend“, sagte sie.“ Ich hatte keine anderen Symptome. Ich war einer der wenigen, die mit einem Gehirntumor herumlaufen konnten und nichts davon merkten.
„Die Scans zeigten eine Masse im Augenhintergrund. Der Tumor wuchs auch um meinen Sehnerv. Es drückte auf meine Nervenbahnen und verlangsamte die Nachrichten, die von meinem Auge an mein Gehirn gesendet wurden, deshalb ist mein Sehvermögen immer schlechter geworden“

Lisas Tumormasse – Meningiom genannt – wuchs im dem Gewebe, das das Gehirn und das Rückenmark umgibt. Sie hatte keine Kopfschmerzen, Erbrechen oder Krampfanfälle, die normalerweise als Anzeichen eines gutartigen Tumors im Gehirn vorkommen.
„Ich war sonst total fit und fühlte mich gut“, sagte sie. „Was es ein bisschen schwerer machte, das alles zu verstehen.“

Lisa erhielt von ihrem Onkologen die Möglichkeit, den Tumor zu belassen und ihr Sehvermögen allmählich zu verlieren, bis er vollständig verschwunden war, oder sich einer Strahlentherapie zu unterziehen. Da der Tumor um den Sehnerv herum wuchs, wäre die Entfernung des Tumors zu riskant.

Lisa sagt: „Ich habe beschlossen, es zu versuchen und so viel Sehvermögen wie möglich in meinem Auge zu behalten. Ich war erst 48 und konnte mir nicht vorstellen, das Sehvermögen in meinem rechten Auge zu verlieren. Es gab noch Dinge, die ich tun und sehen wollte.“

Doch als Lisa und ihr Mann die lange Liste der mit der Strahlentherapie verbundenen Nebenwirkungen sorgfältig untersuchten, wurden sie zunehmend besorgt über die langfristigen Auswirkungen auf die Gesundheit.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Lisa begonnen, auch andere Optionen zu prüfen, die im britischen staatlichen Gesundheitssystem NHS nicht verfügbar waren.

Sie sagt: „Das einzige, was Großbritannien mir anbot, war eine normale Strahlentherapie, aber deren Problem war, dass die Radiotherapie nicht nur die Tumormasse treffen würde, sondern auch die Umgebung.

„Mein Spezialist erwähnte die Protonentherapie und sagte, ich hätte wahrscheinlich wegen Ashya King davon gehört – aber das hatte ich nicht.“

Bei der Protonentherapie werden die Protonen beschleunigt, bis sie die halbe Lichtgeschwindigkeit erreichen. Sie zielen dann mit der Genauigkeit eines gespitzten Bleistifts auf die Krebszellen ab. Im Gegensatz zur herkömmlichen Strahlentherapie mit Röntgenstrahlen können sie den genauen Zielbereich präzise bestimmen, gesundes Gewebe vor dem Tumor erhalten und Schäden am dahinter liegenden Gewebe verhindern.

Die Technologie wurde im Jahre 2014 diskutiert, als der sechsjährige, am Hirntumor erkrankte Ashya King von seinen Eltern gegen den Willen seiner Ärzte aus Großbritannien entführt wurde, um sich einer Behandlung im Protonentherapiezentrum in Prag zu unterziehen.

Lisa entschied sich für die Protonentherapie, aber ihre private Krankenversicherung übernahm keine Behandlungen in Ausland. Sie hatte die Behandlungskosten aus ihren Ersparnissen finanziert. Lisa und ihr Mann reisten dann im September 2015 mehr in das mehr als 900 Meilen entfernte Protonentherapiezentrum in der Tschechischen Republik.

Dort verbrachte sie die nächsten sechs Wochen mit Protonen –Bestrahlungssitzungen, jede Woche an fünf Tagen. Lisa sagt: „Eine gummierte Maske wurde über mein Gesicht gelegt und ich musste ungefähr 20 Minuten dort liegen. Die meiste Zeit wurde damit verbracht, den Strahl zu positionieren, und nur etwa drei bis fünf Minuten davon war tatsächlich die Protonentherapie [siehe das Bild oben].“

Nach sechs Wochen kehrte Lisa nach Hause zurück und machte die Nachsorge im Queen Elizabeth Hospital in Birmingham, wo auch ihre Sehkraft getestet wurde.

„Die Verbesserung war dramatisch, zum Beispiel wurde meine Farberkennung verbessert und der Sehtest zeigte eine schnellere Reaktion auf die Lichterkennung.“ sie sagte.“

„Der eigentliche Tumor hat sich nicht verkleinert, aber die Idee war, dass er nicht größer wird. Und ich denke, mit der Zeit wird er schrumpfen.“

„Die Behandlung selbst konnte den Tumor nicht entfernen, aber die Idee war, seine DNA so zu verändern, dass er nicht weiter wächst.“

„Letztendlich hatte ich keine Wunder erwartet. Ich hatte nicht erwartet, dass das Sehvermögen in meinem Auge vollständig wiederhergestellt wird, aber die Behandlung hat möglicherweise das Sehvermögen meines betroffenen Auges gerettet.“

Und sie fügt hinzu: „Ich dachte vorher nur, du wirst älter und dein Sehvermögen verschlechtert sich. Rückblickend erinnerte ich mich, dass ich auch blinkende Lichter gesehen hatte und dachte, es sei eine Migräne. Es war wie psychedelische Blitze in mein Gesicht – aber es waren offensichtlich die ersten Anzeichen meines Tumors.

„Ich hätte schon früher zu den Ärzten gehen sollen, aber der Tumor wuchs langsam und auch Monate früher zu gehen hätte keinen großen Unterschied gemacht.“

Lisa war mit dem Proton Therapy Center Prag sehr zufrieden, und auch, dass sie das Glück hatte, sich eine private Krankenversicherung leisten zu können.
Sie sagte: „Als ich einen Brief mit Terminen von der staatlichen NHS-Versicherung bekommen habe, hatte ich bereits drei private medizinische Konsultationen und zwei MRT-Scans durchgeführt. Ich hatte auch schon meine Behandlung in Prag organisiert.“

„Ich hatte großes Glück, dass ich meine Behandlung selbst bezahlen konnte. Das Team in Prag war fantastisch und hat sich so gut um uns gekümmert.“